Grundsätzlich ist jede Deutung von mystischen Erfahrungen schwierig und umstritten. Dabei sind echte religiöse Visionen von krankhaften Wahnvorstellungen zu unterscheiden. Verdächtig sind unrichtige Inhalte, auffälliges Verhalten und undurchsichtige Motive. Kriterien für glaubwürdige mystische Erfahrungen sind Frömmigkeit, Demut, Übereinstimmung mit der Schrift und dem Leben der Kirche, Christusbezogenheit, Nächstenliebe und Engagement für die Gemeinschaft. Wenn die Kirche Visionen als mit dem Glauben übereinstimmend beurteilt, können sie als Nebenelemente bei einer Seligsprechung berücksichtigt werden.
Wenn die katholische Kirche Erscheinungsberichte untersucht und anerkennt, sagt das nichts über ihre Zuverlässigkeit, sondern nur, daß sie dem Glaubensgut nicht widersprechen. Visionen gehören zu den sogenannten Privatoffenbarungen, deren Annahme nicht verpflichtend ist. Wie häufig sie sind, beweist, daß bis 1993 in der Kirchengeschichte 918 Marienerscheinungen bekannt sind. Wichtig über den privaten Rahmen hinaus sind Visionen, die eine Botschaft oder ein Zeugnis für die Zeitgenossen enthalten.